Wenn Feuer Leben schenkt

 

Kanadas geheimnisvolle Feuerbäume

Manche Bäume hüten ihre Samen wie ein Versprechen, das erst eingelöst wird, wenn die Welt um sie herum brennt. In den Wäldern Kanadas begegnet man genau solchen Bäumen scheinbar gewöhnlichen Kiefern, die eine außergewöhnliche Lebensstrategie in sich tragen.

Die Jack Pine, auf Deutsch Banks-Kiefer, ist eine dieser Überlebenskünstlerinnen. Sie wächst in den borealen Nadelwäldern, dort wo die Sommer heiß sein können und die Winter hart. Ihre Zapfen bleiben oft jahrelang manchmal jahrzehntelang fest verschlossen. Sie kleben durch ein hartes Harz, das selbst Wind, Regen oder Tiere nicht aufbrechen können.

Doch genau das ist gewollt ihre Zapfen öffnen sich erst durch große Hitze typischerweise bei Waldbränden, wenn das Feuer mit über 50 Grad Celsius über den Boden fegt. Dann, und nur dann, springen sie auf, manchmal noch während das Feuer brennt, manchmal unmittelbar danach.

Erst jetzt fallen die Samen sie landen auf einem Boden, der frei ist von Moos und Laub, angereichert mit Asche und durch das Feuer erwärmt. Es ist ein idealer Ort, um neu zu beginnen. Kein Schatten, keine Konkurrenz, keine Fressfeinde, nur Licht, Wärme und frische Luft.

Auch die Lodgepole Pine, die weiter westlich wächst, funktioniert nach demselben Prinzip. Ihre Zapfen können 20 Jahre oder länger am Baum bleiben, bevor sie sich öffnen, geduldig wartend auf den richtigen Moment.

Diese Form der Fortpflanzung nennt man Serotinie, eine feuerabhängige Keimstrategie. Die Natur hat sie über Jahrtausende entwickelt, weil Waldbrände in Kanada kein Ausnahmeereignis sind. Sie gehören zum natürlichen Rhythmus dieser Landschaft.

 Ohne Feuer keine Vermehrung.

Diese Feuerbäume sind keine Opfer. Im Gegenteil, sie nutzen die Katastrophe, um ihren Kindern den bestmöglichen Start zu schenken. Sie lassen ihre Samen nicht einfach fallen, sobald sie reif sind, sondern halten sie zurück, schützen sie, verschließen sie bis der Moment gekommen ist. Erst die Zerstörung schafft Raum für neues Leben.

Viele indigene Völker Kanadas wussten das schon lange. Sie praktizierten über Generationen hinweg gezielte kleine Feuer, sogenannte cultural burns, um Wälder gesund zu halten, Tiere anzulocken und bestimmte Pflanzenarten wie Beeren oder Heilkräuter zum Wachsen zu bringen. Sie sahen das Feuer nicht als Bedrohung, sondern als einen wandelnden Geist, der reinigt und Neues schenkt.

Wenn man also durch einen dieser verkohlten Wälder geht, wenn alles schwarz ist, der Boden still, die Luft schwer dann ist das nicht das Ende es ist der Anfang, der Moment, in dem das Verborgene freigegeben wird in dem die Natur atmet, keimt, wächst.

Und vielleicht trägt auch unser eigenes Leben solche Samen in sich. Die auf etwas warten, nicht auf Sicherheit, nicht auf Licht sondern auf die Hitze, die uns wandelt. Und auf den Mut, in der Asche neu zu beginnen.

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